Albus ist der „Leuchturm“ bei E-Bussen

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Bereits 14 der 102 Nahverkehrsbusse von Albus sind elektrisch angetrieben. Derzeit entsteht auf dem Betriebsgelände in Salzburg-Maxglan ein riesiges Flugdach mit mehr als 1700 PV-Modulen. Geschäftsführer Hermann Häckl schildert die Herausforderungen und Aha-Erlebnisse beim Umbau der gesamten Albus-Flotte auf E-Busse.

Herr Häckl, Albus ist österreichweit ein Vorreiter bei der E-Mobilität im öffentlichen Nahverkehr. Wie geht der Ausbau Ihrer E-Bus-Flotte voran, und was sind dabei die größten Herausforderungen?
Hermann Häckl: Albus betreibt derzeit 102 Linienbusse, darunter sind, Stand heute, 14 elektrisch angetriebene Niederflurfahrzeuge für den Stadtverkehr. Die E-Busse sind technisch und von der Reichweite her schon sehr ausgereift. Die größte Herausforderung ist zweifellos die Lade-Infrastruktur. Der Aufbau der Ladestationen und deren Steuerung sind ein großer finanzieller Aufwand, aber es ist auch technisch sehr komplex. Wir stecken die Busse nicht nur an die Ladestationen an, sondern wir versuchen, das intelligent zu machen. Wir haben eine eigene Software entwickelt, die Leistungsspitzen vermeidet und die Ladung der Busse automatisiert steuert.

Sobald ein E-Bus in den Betriebshof kommt, wird er an die Ladesäule angesteckt. Diese erkennt, um welchen Bus es sich handelt und wann dieser seinen nächsten Einsatz haben wird. Von diesem Zeitpunkt her wird ausgerechnet, wann der Bus geladen sein muss und wie viel Strom dafür von unserer PV-Anlage verwendet werden kann. Die Software für eine effektive Steuerung des Aufladens unserer E-Busse gibt es nicht von der Stange zu kaufen, sondern es ist eine Forschungsarbeit, bei der wir gemeinsam mit Salzburg Research die Daten wissenschaftlich erheben und auswerten.

Wie groß ist der Strombedarf der E-Busse, und welche Faktoren spielen dabei eine entscheidende Rolle?
Wir werten in unserem Forschungsprojekt eine ganze Reihe von Verbrauchsdaten aus: Wie ist der Verbrauch auf der ebenen Fläche oder auf den Gaisberg hinauf; wie ist der Verbrauch, wenn es plus 15 oder minus 10 Grad hat; was passiert, wenn die elektrische Heizung laufen muss? Wir heizen unsere E-Busse nicht mit einer Dieselheizung, wie das häufig geschieht, sondern voll-elektrisch. „Halb schwanger“ gibt es bei uns nicht. Unsere E-Busse werden durchgängig elektrisch betrieben.

Einen erheblichen Einfluss hat der Strombedarf des Scheibenwischers bei Regen. Aber der nach wie vor größte Faktor ist die Temperatur. Daher wird jedes Fahrzeug erst von der Ladestruktur abgesteckt, wenn es wegfährt. Das geschieht deshalb, weil wir die E-Busse im Winter vorheizen. Wir bringen die Batterie auf Betriebstemperatur, solange sie noch an der Ladestation hängt. Würden wir den Bus „kalt“ wegfahren lassen, dann würden 50kW der Batteriekapazität, die in Summe bei 480kW liegt, allein dafür benötigt, dass die Batterie auf Betriebstemperatur kommt. Wenn wir diesen Aufwärmvorgang an der Ladestation machen, schaffen wir große Reichweiten auch im Winter.

Bei den jüngsten E-Bussen, die wir angeschafft haben, gibt es darüber hinaus im Einstiegsbereich eine warme Luftdusche. Das kennt man von Kaufhäusern. Durch diese warme Luft von oben wird verhindert, dass zu viel Wärme entweicht, wenn die Tür offen ist. Durch die Luftdusche entweicht nur ein Minimum an warmer Luft nach außen, und damit wird wieder Strom gespart. Das ist eine sehr simple Sache, die aber sehr viel bringt, weil die Heizung dadurch deutlich weniger Strom verbraucht.

Diese vielen Details, die wir analysieren und gemeinsam mit Salzburg Research auswerten, machen unsere E-Busse in Summe deutlich sparsamer. Sie können damit in der Regel den ganzen Tag über ohne Nachladen betrieben werden.

Albus gehört zur Unternehmensgruppe Dr. Richard. Können Sie da auf Erfahrungen anderer Unternehmen mit E-Bussen zurückgreifen?
Die Eigentümerstruktur ist so, dass 51 Prozent zum Unternehmen Dr. Richard gehören und 49 Prozent zur SLV, also zur Salzburg AG. Wir sind aber die ersten in der Dr. Richard-Gruppe, die mit E-Bussen fahren. Wir machen in der E-Mobilität die Pionierarbeit. Die Erkenntnisse, die wir gewinnen, die Software, die wir schreiben, werden dann auch anderen Betrieben der Unternehmensgruppe zugute kommen – genauso wie wir von deren Erfahrungen in anderen Bereichen profitieren.

Was ist für den Albus der Bonus dafür, dass Sie sich so intensiv mit E-Bussen auseinandersetzen?
Die Zero-Emission-Verordnung der EU für Linienbusse im Stadtverkehr sieht vor, dass ab 2030 neue Busse nur noch mit Null-Emission eingesetzt werden dürfen. Das heißt, dass wir künftig bei Ausschreiben von Linien in Städten Zero-Emission anbieten müssen. Die E-Mobilität wird daher in Zukunft für den öffentlichen Verkehr in den Städten unser täglich Brot sein. Wir wollen bei den Ersten dabei sein, weil wir die Erfahrungen, die wir jetzt machen, dringend brauchen werden, wenn wir eine ganze Flotte mit E-Bussen in Betrieb haben werden. Die Herausforderung an die Lade-Infrastruktur steigt enorm mit der Zahl der E-Busse.

Wir setzen darauf, dass wir durch unsere Erfahrungen ein sehr verlässlicher Anbieter von Zero-Emission-Verkehr ohne viele Ausfälle sein werden. Unser Anspruch war und ist immer, dass wir technisch ganz vorne sind. Der Albus war in der Stadt Salzburg zum Beispiel der erste Anbieter, der klimatisierte Busse im Personenverkehr eingesetzt hat. Da hat die Konkurrenz eher mitleidig geschmunzelt, als dass man uns ernstgenommen hätte. Heute wissen wir: Wenn es im Sommer Außentemperaturen von 30 Grad und deutlich darüber gibt, und wir haben im Bus 26 Grad, dann ist dies für die Fahrgäste eine Wohltat. Sie finden jetzt keinen Bus mehr im Stadtverkehr ohne Klimaanlage.

Nicht überall gibt es für große Ladeanforderungen genug Strom. Ist das beim Albus-Betriebshof in Salzburg Maxglan gegeben?
Das war durchaus eine Frage. Schon als wir zwei Schnell-Lader mit jeweils 180kW aufstellen wollten, hieß es vom Netzbetreiber, das sei nicht so schnell zu machen. Ich habe gesagt: „Dann haben wir ein echtes Problem, weil wir auf unserem Standort in Summe 90 Busse laden möchten.“ Da bin ich am Anfang mit einem leichten Stirnrunzeln bedacht worden.

Ich habe dann gesagt, wenn das nicht möglich sei, müssten wir uns um einen anderen Standort umschauen, wo wir diesen Strombedarf auch beziehen können. Die Lösung war schlussendlich, dass eine neue Leitung von unserem Standort bis zur Panzerhalle gegraben wurde. Wir haben jetzt einen 30-kV-Anschluss. Darüber hinaus haben wir zwei Trafostationen errichtet, und wir werden noch weitere errichten, damit wir die Lade-Infrastruktur im Vollausbau für 90 Busse bewerkstelligen können.

Ich kenne in Österreich viele Bereiche, wo man gar keine Chance hat, eine solche anspruchsvolle Lade-Infrastruktur errichten zu können. Das sind die wirklich großen Hürden. Wir benötigen schon derzeit für unsere 14 E-Busse eine Million kWh pro Jahr. Wenn wir die ganze Flotte auf E-Busse umgestellt haben, werden es 5,5 Millionen kWh sein. Davon werden wir jährlich 1,4 Millionen kWh aus unserer Photovoltaik-Anlage speisen können.

Der Ausbau dieser Anlage ist in vollem Gange?
Wir errichten derzeit über unserem Busparkplatz ein Flugdach mit einer Fläche von mehr als 4000 Quadratmetern. Das bietet Platz für mehr als 1700 PV-Module für Solarstrom-Erzeugung. Für 42 Busse sind Ladepunkte vorgesehen. Albus investiert dafür 3,2 Millionen Euro, das Land Salzburg fördert das Projekt mit 1,2 Millionen Euro unter der Auflage, dass auf einer versiegelten Fläche ein Flugdach für eine PV-Anlage entsteht.
Das imposante Flugdach ist 54 Meter breit, rund 80 Meter lang und elf Meter hoch. Die Konstruktion wird freigespannt und kommt ohne Säulen im Innenraum aus. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit das Rangieren der E-Busse problemlos abgewickelt werden kann. Die Einsparung von 430 Tonnen CO2 pro Jahr aufgrund der PV-Strom-Erzeugung entspricht den Pflanzen von jährlich 600 Bäumen.

Ein nächstes Ziel wird sein, dass wir Speicher für unseren PV-Strom bauen. Damit können wir dann die Fahrzeuge mit dem Strom, den die Solaranlage tagsüber erzeugt, teilweise auch in der Nacht aufladen.

Welche unerwarteten Erfahrungen hat es bislang im täglichen Betrieb mit den E-Bussen gegeben?
Wir haben eine ideale Teststrecke, das ist der Gaisberg. Wir haben immer gesagt: „Wenn der E-Bus den Verkehr auf den Gaisberg schafft, dann können wir ihn herunten in der Ebene problemlos einsetzen.“ Bei den ersten Versuchen waren die Reichweiten zwischen 40 und 60 km. Da haben wir so manchen Bus huckepack mit dem Tieflader vom Gaisberg holen müssen. Heute sind wir so weit, dass die Reichweiten mehr als ausreichend sind. Ein E-Bus braucht für die Fahrt auf den Gaisberg etwa 14 bis 16 Prozent der Batterieladung, bei der Fahrt herunter werden 6 bis 8 Prozent rekuperiert, weil dabei enorme 400 kW in die Batterie fließen. Das ist ein Vielfaches von dem, wenn die Batterie an einer Ladesäule geladen wird. Eine Fahrt auf den Gaisberg und wieder herunter benötigt also knapp zehn Prozent der Batteriekapazität.

Eines der ersten Aha-Erlebnisse war, dass wir ein Alarmsystem brauchen: Hängt der Bus, der in den Betriebshof eingefahren ist, auch tatsächlich an einer Ladesäule? Da gibt es einen Alarm, wenn das binnen 15 Minuten nicht der Fall ist. Sollte die Lade-Infrastruktur einen Defekt haben, werden wir auch in der Nacht alarmiert. Wir müssen ja sicherstellen, dass die Busse zum Betriebsbeginn am nächsten Tag auch tatsächlich geladen sind. Das war Learning by doing.

Wichtig ist auch, dass wir pro zehn Busse eine Reserve benötigen für den Fall, dass ein Bus einmal ausfallen sollte. Daher wird jeder Bus, sobald er in den Betriebshof kommt, auf 50 Prozent der Batteriekapazität aufgeladen. Damit kann das Fahrzeug jederzeit als Reserve eingesetzt werden.

Wie viele Jahre halten die Batterien eines E-Busses?
Der Hersteller gibt die Garantie, dass die Batteriekapazität nach acht Jahren noch 80 Prozent beträgt. Interessant ist dabei, dass der Hersteller anfangs nur etwa 80 Prozent der Batteriekapazität freischaltet, damit am Ende der Lebensdauer sozusagen noch ein paar Prozent draufgelegt werden können, um die 80 Prozent zu garantieren. Für die nächste Generation der Fahrzeuge hat der Hersteller bereits angekündigt, dass von Anfang an 90 Prozent der Batteriekapazität freigeschaltet sein werden, weil dann immer noch genügend Reserve für die acht Jahre Garantie vorhanden sei.

Ich bin ziemlich sicher, dass die Laufleistung der E-Busse schon sehr bald nicht mehr 350 km sein wird, sondern 500 km und mehr.

Wie lange haben Sie grundsätzlich die Busse in Betrieb?
Um die acht Jahre, bis maximal zehn Jahre. Das hängt mit den Ausschreibe-Zyklen der Verkehrsunternehmen zusammen. Dieser Zyklus ist teilweise fünf oder sechs Jahre, teilweise acht Jahre. Zehn Jahre wäre das Maximum, für das eine öffentliche Verkehrslinie ausgeschrieben werden darf. Aber das gibt es kaum noch.

Wie haben die Lenkerinnen und Lenker auf die Einführung der E-Busse reagiert?
Da gab es selbstverständlich manche, die sehr skeptisch waren, aber auch die anderen, die voller Engagement bei der Innovation E-Bus mitgemacht haben. Beim ersten und zweiten Mal war es für alle noch ungewohnt. Heute sagen die meisten: „Der E-Bus ist das Beste, was ich je an Bussen gefahren bin.“

Wir haben mit dem Hersteller unsere eigene Software für das Fahren entwickelt. Unsere Zielrichtung ist das „One-Pedal-Driving“, das heißt: Der Lenker steuert beinahe die ganze Fahrt nur mit dem Fahrpedal, also mit dem, was früher das Gaspedal war. Bei der Fahrt herunter vom Gaisberg muss die Betriebsbremse auf der Strecke nur ein einziges Mal, bei der ersten Kehre, betätigt werden, sonst nur bei den Haltestellen. Alles andere wird mit dem Fahrpedal gesteuert. Sobald sich der E-Bus einer Haltestelle nähert, geht der Lenker vom Fahrpedal herunter. Sofort tritt die Rekuperation in Kraft, die den Bus bremst.

Was bedeutet die E-Mobilität für die Fahrgäste?
Der E-Bus hat – oder eben besser hätte – eine enorme Beschleunigung. Die muss durch die Fahr-Software selbstverständlich so eingebremst werden, dass der Bus beim Wegfahren keinen Ruck macht, sodass die Reifen rauchen und die Fahrgäste ihren Stand verlieren und stürzen. Anderseits muss die Beschleunigung gut genug sein, dass der Bus zum Beispiel bei einem Kreisverkehr auch mit einem angemessenen Schwung wegfahren kann. Das heißt: Mit dem E-Bus können wir den Beschleunigungsbedarf so regeln, dass er ein zügiges Anfahren ermöglicht, aber jede ruckartige Beschleunigung, die für die Fahrgäste gefährlich sein könnte, vermieden wird.

Der Erfolg, den wir mit den E-Bussen haben, spricht für sich. Die Fahrgäste sind nicht nur von der im Vergleich zum Dieselbus weitaus geringeren Lärmbelästigung begeistert. Sie erleben den E-Bus insgesamt als ein öffentliches Verkehrsmittel, das eine sanfte und geschmeidige Fahrt garantiert. Dazu kommt als Tüpfelchen auf dem „i“ der Niederflur-Einstieg, der besonders Familien und älteren Menschen sehr entgegenkommt.

Hermann Häckl ist seit zwei Jahrzehnten Geschäftsführer der Albus Salzburg Verkehrsbetrieb GmbH. Der Betrieb ist einer der größten Mobilitätsdienstleister im Bundesland Salzburg und ein wichtiger Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Stadt Salzburg und deren Umgebung. Beim Einsatz von E-Bussen ist Albus nicht nur in Salzburg, sondern österreichweit ein Vorreiter. Das Unternehmen ist eine gemeinsame Tochtergesellschaft des Wiener Autobusunternehmens Dr. Richard (51 Prozent) und Salzburg Linien Verkehrsbetriebe GmbH (49 Prozent). Die Dr. Richard Firmengruppe ist eines der größten eigentümergeführten Busunternehmen im deutschsprachigen Raum und betreibt mit elf operativ tätigen Verkehrsbetrieben rund 1100 Autobusse.

Quelle: Forum Mobil, Autor: Josef Bruckmoser, Q1/2025